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Otto
Jacobs (1860-1939) züchtete aus Liebhaberei Rosen. 1908 gelang ihm
eine Kreuzung aus der „Kaiserin Auguste Viktoria“ (eine weiße
Teehybride) und der „Louis Van Houtte“ (eine rote
Remontant-Rose). Die neue Art entwickelte sich gut und überlebte
auch den Winter 1908/09. Er gab ihr den Namen „Fürst Niclot“1,
unter welchem die Rosenschule von Nicola Welter (1854-1920) aus
Trier sie dann bei der Rosenausstellung in Sangershausen 1909
präsentierte.
Die
Rose fand im Publikum Anklang und sollte in den Handel gehen, im
Zuge dessen erfolgte eine Umbenennung in „Kaiser Wilhelm II“
zu Ehren dessen 50. Geburtstags. Bei diversen, folgenden
Ausstellungen und Wettbewerben wurde sie mehrfach ausgezeichnet und
in der Fachpresse erwähnt, was ihre Bekanntheit steigerte. |
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1 Nach dem slawischen Fürsten Niklot aus dem
heutigen Mecklenburg.
https://de.wikipedia.org/wiki/Niklot |
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Neuste Rosen für 1909
Züchter: Welter-Jacobs.
Kaiser
Wilhelm II. (Teehybrid)*). Stammt von einem Kaiserin
Auguste Viktoria-Sämling x Louis van Houtte. Der Wuchs
der Pflanze ist kräftig, 50-60 cm hoch, sehr stark
verzweigt, aufrechtwachsend, mit voller dunkel-grüner
Belaubung, krankheitsfrei, sehr hart. Den Winter von
1908 auf 1909 ohne Bedeckung im Freien gut überstanden.
Knospen länglich kegelförmig, halb offene Blüten,
länglich sitzend, einzeln bis zu mehreren auf starken
aufrechtstehenden Trieben. Blumen gross, von edlem Bau
und guter Füllung, Farbe karmoisin und feuerrot mit
samtigschwarzem Anflug in den inneren Petalen. Leicht
und willig aufblühend, Farbe haltend. Feiner
Zentifolien-Duft. Eine der best remontierenden Sorten,
besonders für Herbstschnitt, ausgezeichnet für Gruppen-,
Treib- und Schnittzwecke, besonders für Töpfe geeignet
und kann als die schönste der dunkelroten Teehybriden
gelten. Erhielt Rosenausstellung M.-Gladbach 1909
Ehrenpreis; Sangerhausen 1909 Ehrenpreis; das
Wertzeugnis des Vereins Deutscher Rosenfreunde und
Wertzeugnis des Verbandes der Handelsgärtner
Deutschlands.
(*Es ist dieselbe Rose, welche in Sangershausen als
Fürst Niclot (Jacobs) ausgestellt war.)
Die Rosen-Zeitung 1909, Seite 93 |
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Neue
Rosen des Züchters O. Jacobs.
1. Kaiser Wilhelm II. (Teehybride)
Diese
Rose verdient alle Achtung. In den Rosenschulen des
Herrn Nicola Welter in Trier-Pallien blühte sie ihn
verflossenen Sommer auffallend schön; unter allen
anderen trat ihre glänzend zinnober bis samtig rote
Farbe hervor, Rosenliebhaber und -züchter bevorzugen ja
heute diese Farbe unter den Teehybriden. Wegen des
schönen Wuchses und der aufrechten Haltung der Blumen
ist sie zu Gruppenpflanzungen vorzüglich geeignet. Der
feine Geruch ist ähnlich dem einer Centifolie, Sie
stammt von einem Sämling der Kaiserin Auguste Victoria
und der Hybride Van Houtte. Die Rose wird ohne Zweifel
ihrem hohen Namen Ehre machen.
Die Rosen-Zeitung 1909, Seite 107 |
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ROSE
KAISER WILHELM II (Teehybrid)
Diese
Sorte, die 1909 von ihrem Züchter O. Jacobs auf den
Markt gebracht wurde, hat uns in der letzten Saison sehr
gute Ergebnisse gebracht. Ihre Blüte war gut trotz sehr
ungünstiger Temperaturen, d. h. anhaltendem Regen.
Kaiser Wilhelm II. ist das Produkt von Kaiserin Auguste
Victoria x Louis Van Houtte. Der Strauch von mittlerer
Wuchskraft mit aufrechten Zweigen ist mit wunderschönem
dunkelgrünem Laub bedeckt und im Moment frei von allen
Krankheiten.
Jeder
Zweig trägt eine oder mehrere Blüten (meistens einzelne)
an einem starren Stiel. Die Knospen sind konisch,
länglich und öffnen sich auch bei nassem Wetter sehr
leicht. Die Blüte ist groß und voll, feuerrot und
blutfarben mit einem Granatapfelreflex. Die Pflanze ist
sehr remontierend und kann gute Ergebnisse als Rose
liefern bei Schnittblume; sie hat auch den angenehmen
Duft der Hundertblättrigen Rose.
Neben
mehreren Auszeichnungen bei verschiedenen Wettbewerben
erhielt die Rose Kaiserin Wilhelm II. eine Ehrenurkunde
des Vereins der Rosenfreunde und des Deutschen
Gartenbauverbandes.
In
seiner Märzausgabe 1910 veröffentlichte das Journal des
Roses einige Kommentare des Züchters zu dieser Neuheit.
Die Rosen Zeitung weist darauf hin, dass die betreffende
Rose zunächst unter dem Namen Fürst Niclot bekannt war,
es sich also um ein Synonym handelt.
Pierre du Plouy
Journal des Roses, Februar 1911 |
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Die
schöne Rose ist leider heute nur noch unter Fachleuten bekannt und
selbst bei Rosenschulen, die sich auf historische Rosen
spezialisiert haben, nirgends zu kaufen
2. Der Grund wird wohl der Name sein, der nach 1919 unpopulär, ja
geradezu kompromittierend gewesen sein dürfte. Das einzig bekannte
Exemplar wächst im Rosarium Sangershausen und wird dort erhalten.
Die Rose ist somit vom Aussterben bedroht. Erst in jüngster Zeit
gibt es Ansätze, sie zu vermehren.
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Arne Schöfert, 2025 |
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2 Sie wird auch manchmal mit den Rosen „Kaiser
Wilhelm“ oder „Kaiser Wilhelm I“ verwechselt. Dies sind ältere rote
Remontant-Rosen, die bereits vor 1909 verkauft wurden. Selbst dem
amerikanischem Rosenspezialisten Brent C. Dickerson scheint dies
geschehen zu sein, wenn er in seinem Buch schreibt, daß die „Kaiser
Wilhelm II“ möglicherweise identisch mit der „Kaiser Wilhelm/Kaiser
Wilhelm I“ ist. Das kann aber schon von der Art her nicht sein, denn
das eine ist eine Teehybrid- und das andere eine Remontant-Rose. |
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Für die Unterstützung
bei diesem Artikel danke ich:
Frau Hella Brumme, ehemalige Direktorin des Rosariums Sangerhausen.
Frau Madeleine Dubiel-Kurzel, Rosarium Sangershausen
Weitere Quellen:
www.welt-der-rosen.de Maria
Mail-Brandt
https://www.helpmefind.com/rose/l.php?l=2.23573 |
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