Übersehene Knötel
 von Arne Schöfert

Richard Knötel (1857 – 1914) zählt zu den bekanntesten und besten Historien- und Uniformmalern Deutschlands. Jedes Bild von ihm wird reflexartig mit besonderer Wertschätzung betrachtet. Dies gilt nicht nur in wissenschaftlicher und künstlerischer Hinsicht, sondern auch in finanzieller. Nicht nur ein echter, signierter Knötel ist eine bedeutende Wertanlage, sondern auch Drucke von ihm werden höher gehandelt.

Doch das war zu seinen Lebzeiten scheinbar nicht immer so. Es existieren diverse Lithographien aus Büchern, die nicht signiert sind. Sie tauchen ständig auf Auktionen und im Kunsthandel auf, doch kaum jemand bringt sie mit Richard Knötel in Verbindung. Ganz abgesehen davon, daß es schon immer ein großer Frevel war, Bildtafeln aus Büchern zu reißen, fehlen bei einer einzelnen, unsignierten Tafel natürlich die Hinweise aus dem Buch auf den Künstler.

Aber es gibt auch Fälle, wo die umständliche Ermittlung des Buches und eine Suche im (meist vorhandenen) Tafelregister keinen Hinweis auf den Künstler bringt. Oft sind es unbedeutende „Namenlose“, die vom Verlag engagiert wurden oder der Verleger stand „über den Dingen“, das heißt, sein Werk war ihm so anspruchsvoll und komplex, dass der Urheber einer Tafel unter vielen völlig unwichtig war. Das liegt gerade bei Lexika nahe.

Wenn man all dies berücksichtigt, kommt man zu den folgenden, überraschenden Überlegungen. Es sind, wie noch ausgeführt wird, bisher keine Beweise der Zuordnungen vorhanden, aber die Vermutung liegt nahe, dass es sich um mehr als reine Mutmaßungen handelt.
 

1) Meyers Konversationslexikon:

Die Tafel „Marine-, Schutz,- und Kolonialtruppen“ aus der 5.Auflage (1893-1901) ist nicht signiert, die Tafel „Uniformen des deutschen Reichsheeres und der Marine“ (Uniformen I) aus der 6.Auflage (1902-1920) aber sehr wohl: Richard Knötel.
Beide sind in der Art der Ausführung und der Haltung so ähnlich, dass man davon ausgehen kann, dass beide vom selben Künstler, nämlich Richard Knötel, stammen.
Im Register sind leider keine extra Hinweise.
 

5.Auflage

Ausschnitt Marine- und Schutztruppen
Deutsches Reich

Legende:

Deutsche Schutztruppe für Ostafrika
10. Offizier (Garnisonsanzug)
11. Offizier (Feldanzug)
12. Unteroffizier (Heimatsanzug)
13. Sudanese
14. Sulu
 
 

6.Auflage

Ausschnitt Schutztruppe
(links unten signiert)

Legende:

Ostasiatische Besatzungsbrigade
51. Infanteriefeldwebel in Winterrockbluse
52. Artillerieoffizier in Winterrockbluse und Mütze
53. Infanterist in Sommerrockbluse
54. Pionier in Winterrockbluse ,feldmarschmäßig
Kaiserliche Schutztruppen
Kamerun und Togo
55. Unteroffizier im Ausgehanzug
56. Offizier im Dienstanzug
Deutsch-Südwestafrika
57. Offizier im Dienstanzug
58. Reiter, feldmarschmäßig
59. Offizier in Mantel und Mütze
Deutsch-Ostafrika
60. Offizier im Paradeanzug
61. Sudanese
 
 
2) Brockhaus Konversationslexikon

Die Tafel „Uniformierung der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika“ mit dem gefangenen Mafiti-Häuptling im Bild, ist praktisch jedem Kolonialinteressierten schon einmal unter die Augen gekommen. Ich kenne nicht nur ein Privatzimmer, wo eine Reproduktion davon an der Wand hängt.

Dieses Bild erschien ursprünglich nicht nur im Brockhaus der 14. Auflage (1892), sondern vermutlich auch parallel in der „Encyclopedia Americana“ und/oder der „Encyclopaedia Britannica“, denn es gibt heute Reproduktionen, die den Eindruck deren Herausgeber, nämlich der Werner Company in Akron, Ohio haben.

Die „Mafiti-Tafel“ ist nicht signiert, aber wenn man berücksichtigt, wie wenige Uniformmaler sich 1892 mit den Uniformen der jungen Kaiserlichen Schutztruppe auskannten und wiederum Stil, Ausführung und Haltung der Personen vergleicht, so liegt auch hier die Vermutung nahe, daß es ein Knötel-Werk ist. Leider brachte eine Anfrage beim Verlag keinen Aufschluß – diesbezügliche Unterlagen wurden im Krieg vernichtet.

 

Alle Scanns von Originalen der Zeit – keine Reproduktionen!
 

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