Das Kamerun-Spiel
 

oder King Bell und seine Leute

Im Jahr 2004 benutzte der Metzler-Verlag, Stuttgart für die Einbandgestaltung seines neuen Buches „Mit Deutschland um die Welt“ (Hrsg. A. Honold und K. R. Scherpe) Grafiken des Kolonial-Kinderbuches dieser Seite. Als Dankeschön bekam ich freundlicherweise ein Belegexemplar. Da mich auch Kolonial-Spiele interessieren, war ich erfreut im Buch ein Kapitel „Spiel um Kamerun“ zu entdecken. Die Autorin Nana Badenberg beschreibt dort unter anderem Spiele, die 1885 kurz nach der Besitzergreifung Kameruns in den deutschen Handel kamen. Spiele aus dieser Frühzeit der Deutschen Kolonien sind extrem selten – gar nicht zu vergleichen mit den häufig auftauchenden Spielen aus der Nachkriegszeit bis 1943.

Von dem Kamerun-Spiel hatte ich schon einmal gehört, konnte mir bis dahin aber leider kein Bild davon machen. Im Buch werden das Titelblatt und zwei der sechzehn Portraitkarten abgebildet. Frau Badenberg bemerkt in einer Fußnote, dass sie das Material vom Deutschen Spielemuseum e.V. in Chemnitz bekam.

Ich plante das Spiel hier vorzustellen und bemühte mich Abbildungen vom Spielemuseum dafür zur Verfügung gestellt zu bekommen. Leider wurde dies abgelehnt, weil man dort einen Reprint plant und vorher nichts veröffentlichen möchte. Meine Enttäuschung wuchs, als im Anschluß viele weitere Anfragen bei diversen Museen und Sammlungen erfolglos blieben. Es scheint, als habe das Spielemuseum in Chemnitz dort das einzig dokumentierte komplette Spiel!
Es dauerte zwei Jahre, bis ich nun mit der Hilfe privater Sammler in der Lage bin, die Portraitkarten komplett zu zeigen. Was fehlt, sind die Namens- und Ereigniskarten, die aber nur Text und keine Grafiken zeigen. Drei Muster solcher Ereigniskarten werden hier gezeigt.
Ich hoffe, dass das Spielemuseum in Chemnitz recht bald seine Planungen in die Tat umsetzt und den Reprint herausbringen wird. Die Kolonialsammler- und Interessierten würden sich sicher darüber freuen. Ich wünsche den Chemnitzern viel Erfolg dabei und hoffe mit dieser Vorstellung hier schon einige Leute neugierig auf das kommende Angebot zu machen.

Auf den Gabentischen des Jahres 1885 war Kamerun so in verschiedenen medialen Erscheinungsformen präsent. Als Weihnachtsgeschenk für die ganze Familie empfahl sich Das Kamerun-Spiel oder King Bell und seine Leute des Leipziger Militaria-Verlags Moritz Ruhl, der später besonders durch seine Uniformen-Bildbände (unter anderem über die Schutztruppen) bekannt wurde. In diesem aufwändig ausgestatteten Kartenspiel sind die Ereignisse von 1884 verarbeitet. Familien, die die Verpackung öffneten, konnten darin Spielmaterial bestehend aus 16 „fein ausgeführten Neger-Portraits in Farbendruck auf Karton“ und ebenso viele Namens- und Ereigniskarten finden.
Der Aufbau des Spieles ist relativ einfach: Zunächst wird an jeden Mitspieler eine Portraitkarte verteilt, die übrig bleibenden werden versteigert, so dass ein gewisser Grundbeitrag in die Spielkasse kommt. Sind jedem Spieler ein oder mehrere Duala zugeordnet, wird verdeckt jeweils eine Namens- und Ereigniskarte gezogen und verlesen. Den verschiedenen Duala werden so nach dem Zufallsprinzip Handlungen zugeordnet, die dann beim jeweiligen Kartenbesitzer mit Spielgeldbeträgen belohnt oder bestraft werden. Wer die entsprechenden Portraitkarten in Händen hält, kann so zum Beispiel zu hören bekommen: „John Prisso – wird wegen Aufwiegelung der Stammesgenossen zum Aufruhr gegen die Deutschen zum Tode verurteilt, später jedoch zur Verbannung und Zahlung von 10 Marken begnadigt“.
Auch glückliche Kombinationen sind möglich: „Njeka (Prissos Frau) – trägt einen Gesang in der Negersprache vor und erhält für das dadurch den anwesenden Europäern bereitete Ergötzen 2 Marken ausgezahlt“.
Oder: „King Bell – hat schon seit langer Zeit einen umfangreichen Handel mit Palmöl, Elephantenzähnen, ausschließlich mit den deutschen Factoreien unterhalten und erhält dafür 3 Marken ausgezahlt“.
Zum Abschluß des Spiels werden die 16 Portraitkarten neu gemischt und eine Karte beiseite gelegt. Die nun ungerade Anzahl von Karten wird unter den Mitspielern verteilt und sodann nach dem Prinzip des Schwarzen Peter-Spiels gezogen und abgelegt, bis schließlich derjenige „von den Kamerun-Negern“ ermittelt ist, der „die größte Treue und Ausdauer in seinen friedlichen Gesinnungen gegen die Deutschen bewahrt“. Dessen glücklicher Besitzer wird mit dem verbliebenen Kassenbestand belohnt.
 

Quelle: Nana Badenberg in „Spiel um Kamerun“, Mit Deutschland um die Welt“
Metzler-Verlag Stuttgart 2004

 
Zur Bildergalerie
Das Kamerunspiel
 

Zur Startseite www.reichskolonialamt.de


webdesign : © ideenmühle - 30. Mai 2010 - E-mail: webmaster@flazi.de